Kommentar von Fabian Rinker
Die Kolumne von taz-Autorin Yaghoobifarah1 sowie die Reaktion von Innenminister Seehofer eine Strafanzeige gegen die Autorin zu planen, sind derzeit in fast allen Nachrichten. Eigentlich würde ich einem derart realitätsfernen, verachtendem und dazu noch völlig unlustigen Text keine weitere Aufmerksamkeit schenken, aber ich störe mich schon länger an der ständigen generellen Kritik an der Polizei.
Seltsam finde ich, dass die Kritik am Vorstoß von Innenminister Seehofer, Strafanzeige wegen des Artikels zu erstatten, gefühlt auf größere Kritik gestoßen ist als der Artikel selbst. Ja, die Meinungs- und Pressefreiheit ist ein sehr hohes Gut. Menschen mit Müll zu vergleichen ist aber rechtlich zumindest höchst fragwürdig. Und eine Grenze wurde ganz sicher überschritten: Die des guten Geschmacks! Von journalistischer Qualität braucht man da gar nicht erst anfangen.
Besonders kritisch muss ich den Artikel dahingehend sehen, dass diese generelle Kritik an der Polizei mir erstens immer häufiger auffällt, auch aus der Politik, und es in Teilen in der Diskriminierung eines ganzen Berufes mündet. Zweitens ist es doch heuchlerisch, wenn die gleichen Personen sich an anderer Stelle als entschiedenste Gegner von Diskriminierung auftreten.
Ich stelle mir schon die Frage, ob in einer seriösen Zeitung, als die sich die “taz” sicherlich gerne sieht, ein Artikel erschienen wäre, der alle Migranten als Schmarotzer betitelt. Dieser wäre zurecht aus ethischen Gründen, insbesondere wegen des Angriffs auf die Menschenwürde abgelehnt worden.
Das sieht auch “Samvim” in den Kommentaren des taz-Artikels so: “Dieser Artikel hätte nach Austausch der zu diskriminierend Personengruppe problemlos so auch im Stürmer stehen können.”2 Daraufhin schließt die taz-Redaktion vorübergehend die Kommentarfunktion. So viel zum Thema Meinungs- und Pressefreiheit.
Selbstverständlich gibt vereinzelt rassistische Polizisten, genauso gibt es vereinzelt auch Migranten, die die Sozialsysteme ausnutzen. Trotzdem ist es deswegen nicht in Ordnung ganze Gruppen unter Generalverdacht zu stellen! Hier müssen die Einzelfälle geahndet werden.
Meine Einschätzung ist zudem, dass der schwindende Respekt allgemein in der Gesellschaft, aber insbesondere gegenüber Polizei und auch anderen Einsatzkräften, ein größeres Problem ist. Was in Stuttgart vor kurzem passiert ist, das ist nicht weniger als ein frontaler Angriff auf unsere Demokratie und den Rechtsstaat.
Kontraproduktiv sind Verharmlosungen aus der Politik und den Medien. Wenn sich bei Ausschreitungen wie in Leipzig zum Jahreswechsel Politiker dazu hinreißen lassen von “kalkulierter Provokation” (Juliane Nagel, Linkspartei) seitens der Polizei zu sprechen und Medien wie die taz sich darauf stürzen, dass die Verletzung eines Polizisten laut Krankenhaus keiner Notoperation bedurft hätte3, dann zeugt das nicht von Verantwortungsbewusstsein.
Wenn die Präsenz der Polizei als Provakation gesehen wird und eine nicht lebensgefährliche Verletzung heruntergespielt wird, dann läuft etwas gehörig falsch.
Der Job der Polizei war noch nie einfach, aber er ist in der aktuellen Lage noch schwieriger geworden und er verdient Respekt und Anerkennung. Keine Vergleiche mit Müll. Es ist wichtig, dass wir uns gerade jetzt klar hinter diese wichtige Berufsgruppe stellen – Sie halten den Kopf für unsere Sicherheit hin!
Ich halte es trotzdem für richtig, dass Seehofer von der Anzeige absieht und sich stattdessen an den Deutschen Presserat wenden möchte.4 Die Kritik der taz-Chefredakteurin Barbara Junge, die Ankündigung wäre “ein beschämender Angriff auf die Pressefreiheit” und es wäre “bezeichnend, dass der Bundesinnenminister für eine solche Erkenntnis vier Tage gebraucht hat”5 halte ich aber für falsch. Die Ankündigung ist für mich aufgrund der rechtlich höchst fragwürdigen Wortwahl erklärbar und vielleicht wäre es gut, wenn sich die taz in Zukunft vor der Veröffentlichung eines fragwürdigen Artikels auch ein bisschen länger Gedanken um die Wirkung und journalistische Verantwortung machen. Wer im Glashaus sitzt …
Eine “erschreckende Doppelmoral” erkennt auch die GdP (Gewerkschaft der Polizei) und der externe Experte Dr. Thomas Hestermann. So scheinen sich die taz-Autoren nicht an ihre eigene “Netiquette” zu halten.
Wir erleben weltweit, auch in der Politik, eine Verrohung der Sprache und ich stimme Herrn Seehofer und der Gewerkschaft der Polizei zu, dass das zumindest indirekt auch Gewalt begünstigt.
Eine positive Entwicklung wäre es, wenn wir als Gesellschaft kritischer damit umgehen was die Wirkung von Worten ist. Wir sollten nicht nur in bestimmten Bereichen auf Diskriminierung verzichten sondern grundsätzlich. Denn die Würde des Menschen ist unantastbar – auch das garantiert das Grundgesetz.
Die Polizei ist ohne Frage ein systemrelevanter Beruf und wir sollten als Gesellschaft diesem Beruf endlich wieder den Respekt und die Anerkennung entgegenbringen, die er verdient!
Mut macht mir, dass es, neben dem vielen Unsinn auf Facebook & Co., auch sehr vernünftige und gute Beiträge von Personen wie Philipp S. Holstein gibt. Daher nachfolgend eingebunden der Facebook-Post, den ich 100% unterschreibe!
#DankePolizei
#OhneEuchWärsKacke
- https://taz.de/Abschaffung-der-Polizei/!5689584/ [↩]
- https://taz.de/Abschaffung-der-Polizei/!5689584/ [↩]
- https://www.spiegel.de/politik/deutschland/connewitz-spd-chefin-saskia-esken-stellt-polizeitaktik-in-leipzig-an-silvester-infrage-a-1303436.html [↩]
- https://www.faz.net/2.1755/horst-seehofer-verzichtet-auf-strafanzeige-wegen-taz-kolumne-16831682.html [↩]
- https://taz.de/Streit-ueber-Kolumne-zur-Polizei/!5697093/ [↩]
- Polizeibeschäftigte als “Müll” bezeichnet: “taz”-Kolumnistin vergreift sich mächtig im Ton [↩]
- https://www.gdp.de/gdp/gdp.nsf/id/BQPB39-DE_?open&ccm=000 [↩]
- https://www.tagesschau.de/inland/seehofer-taz-anzeige-105.html [↩]